Mit IO-Link Safety steht ein herstellerunabhängiges, standardisiertes Kommunikationssystem für funktionale Sicherheit zur Verfügung. Es erweitert die Möglichkeiten der Industrie 4.0 um eine sichere Punkt-zu-Punkt-Kommunikation zwischen Sensoren, Aktoren und Steuerungen. Im Gespräch erläutert Volker Heinzer, Strategischer Produktmanager bei der Schmersal-Gruppe, wie weit die Technologie ist, welche Chancen sie bietet und warum sie künftig eine Schlüsselrolle in der Maschinensicherheit spielen wird.
Schlüsseltechnologie für die Zukunft der Maschinensicherheit
IO-Link Safety baut auf der bewährten IO-Link-Technologie auf und überträgt deren Prinzipien auf den Bereich der funktionalen Sicherheit. Damit entsteht erstmals ein einheitlicher Standard auf der untersten Automatisierungsebene, der die Integration sicherheitsgerichteter Komponenten erleichtert. „IO-Link Safety ist für uns von großer Bedeutung, da es eine Schlüsseltechnologie für die Zukunft der Maschinensicherheit darstellt“, erklärt Volker Heinzer. In einer zunehmend vernetzten und automatisierten Industrie komme es darauf an, Sicherheitslösungen flexibel, skalierbar und datenfähig zu gestalten. Der entscheidende Vorteil: IO-Link Safety schafft Transparenz bis in die Feldebene. Sensoren und Aktoren können nicht nur sicherheitsrelevante Signale übermitteln, sondern auch zusätzliche Diagnosedaten und Parameter austauschen. Das eröffnet neue Möglichkeiten für Wartung, Zustandsüberwachung und Prozessoptimierung – ein echter Schritt in Richtung „Safety meets Smart Factory“.
Normung und Standardisierung auf internationalem Niveau
Ein wichtiger Meilenstein war die Standardisierung von IO-Link Safety in der IEC 61139-2. Diese legt fest, dass das System höchste Sicherheitsanforderungen bis PL e (EN ISO 13849-1) beziehungsweise SIL 3 (IEC 61508/62061) erfüllt. „Mit der Veröffentlichung der ersten Version der IO-Link Safety Extensions im Jahr 2017 wurde der Weg für herstellerübergreifende Sicherheitslösungen geebnet“, so Heinzer. Bis dahin war der Safety-Bereich stark von proprietären Schnittstellen geprägt. IO-Link Safety schafft hier eine gemeinsame Basis, auf der Geräte unterschiedlicher Hersteller interoperabel zusammenarbeiten können. Das bedeutet: Anwender können künftig Sicherheitskomponenten verschiedener Anbieter flexibel kombinieren, ohne sich auf ein bestimmtes System festlegen zu müssen. Damit wird die Maschinensicherheit nicht nur effizienter, sondern auch wirtschaftlicher und zukunftsfähiger.
IO-Link Safety schafft Transparenz bis in die Feldebene
Mehrwert durch bidirektionale Kommunikation
Zu den zentralen Vorteilen von IO-Link Safety zählt die bidirektionale Kommunikation. Während herkömmliche Sicherheitsverbindungen meist nur einfache Signalübertragungen erlauben, ermöglicht IO-Link Safety einen beidseitigen Informationsaustausch. Das bedeutet: Steuerungen können nicht nur Daten von Sensoren empfangen, sondern auch Parameter, Befehle und Konfigurationen zurücksenden. „Das verbessert die Diagnosemöglichkeiten erheblich“, betont Heinzer. Durch die Kommunikationsfähigkeit der Sensoren und Aktoren eröffnen sich zudem neue Anwendungsfelder, etwa bei der vorausschauenden Instandhaltung oder der Prozessüberwachung. Ein weiterer praktischer Vorteil liegt im reduzierten Installationsaufwand. Statt achtadriger Leitungen reichen bei IO-Link Safety oft dreiadrige Standardkabel mit M12-Steckern aus. Das senkt Material- und Montagekosten, vermeidet Verdrahtungsfehler und beschleunigt die Inbetriebnahme. Das bedeutet einen spürbaren Effizienzgewinn für Maschinenbauer.
Integration in die Industrie 4.0-Welt
IO-Link Safety ist nicht nur eine Sicherheitslösung, es ist ein Schlüsselelement der digitalen Transformation. Die Technologie fügt sich nahtlos in moderne Industrie-4.0-Umgebungen ein, in denen Daten über alle Ebenen hinweg gesammelt, analysiert und genutzt werden. „Die Möglichkeit, zusätzliche Informationen aus der Feldebene zu gewinnen, führt zu einer höheren Flexibilität und Transparenz in der Produktion“, sagt Heinzer. Damit werde IO-Link Safety zu einem Enabler für smarte, adaptive Fertigungsprozesse, die sich dynamisch an Produktionsanforderungen anpassen können.
Volker Heinzer, Strategischer Produktmanager Industrielle Kommunikationssysteme und Industrie 4.0 bei der Schmersal-Gruppe
Herausforderungen auf dem Weg zur Praxistauglichkeit
Neben den vielen Vorteilen sieht Heinzer auch Herausforderungen: „Wir müssen sicherstellen, dass das gesamte Ökosystem von IO-Link und IO-Link Safety interoperabel bleibt.“ Das betrifft sowohl die Geräteentwicklung als auch die Systemintegration. Die Implementierung erfordert ein tiefes Verständnis der Technologie und bringt zunächst zusätzliche Entwicklungsaufwände mit sich. Unternehmen, die bislang keine IO-Link-Erfahrung haben, müssen sich auf ein gewisses Umdenken einstellen. „Es kann anfangs zu höheren Initialkosten kommen“, räumt Heinzer ein, „doch diese amortisieren sich durch langfristige Einsparungen und Effizienzsteigerungen schnell.“
Erste IO-Link-Safety-Produkte auf dem Markt
Eine erfreuliche Nachricht für alle Anwender: Schmersal wird in Kürze die ersten beiden IO-Link-Safety-Produkte vorstellen – die Sicherheitszuhaltung AZM42 und den Sicherheitssensor RSS362. Damit zählt das Unternehmen mit zu den Pionieren der IO-Link-Safety-Integration und unterstreicht seine führende Rolle in der funktionalen Sicherheit. Beide Geräte erweitern das IO-Link-Safety-Installationssystem von Schmersal für industrielle Sicherheitsanwendungen und bieten eine bidirektionale, sichere Kommunikation über eine 3-adrige Leitung. Damit lassen sich sichere Anwendungen bis Performance Level e, Kategorie 4 beziehungsweise SIL 3 realisieren – bei zugleich hoher Flexibilität und einfacher Integration in bestehende Anlagen. Heinzer: „Mit diesen beiden Produkten zeigen wir, dass IO-Link Safety nicht nur ein theoretisches Konzept ist, sondern bereits in der Praxis angekommen ist.“
Sicherheitszuhaltung mit digitalem Mehrwert
Die Sicherheitszuhaltung AZM42 zählt bereits in ihrer ursprünglichen Version zu den besonders kompakten und leistungsfähigen Sicherheitslösungen für den Maschinenbau. In der neuen Variante konnten die Abstände bei Verwendung von zwei nebeneinander montierten Geräten noch einmal verkleinert werden und die Verriegelungs- und Zuhaltefunktion bis Pl e, Kat. 4, SIL 3 befindet sich in einem Gerät. Die IO-Link-Safety-Schnittstelle erweitert die Zuhaltung nun um zahlreiche Industrie-4.0-Funktionen. Neben den bekannten Sicherheitsfunktionen bietet die AZM42 nun Status- und Diagnosedaten in Echtzeit, darunter Informationen über die Versorgungsspannung, die Temperatur und die Güte des RFID-Signals. Außerdem zählt das System Türöffnungs- und Verriegelungszyklen und erkennt zum Beispiel Abstandsüberschreitungen zwischen Sensor und Betätiger.
Sicherheitssensor mit intelligenter Diagnose
Mit dem RSS362 bringt Schmersal nun die IO-Link-Safety-fähige Variante des bereits erfolgreich eingeführten, berührungslosen, RFID-basierten Sicherheitssensors auf den Markt. Auch hier konnten die Abstände zwischen zwei Geräten deutlich verringert werden. Die bekannten Sicherheitsfunktionen stehen weiterhin im Mittelpunkt, ergänzt durch ein umfangreiches Paket an Diagnose- und Betriebsdaten. So liefert auch der RSS362 Informationen über die Anzahl der Schaltzyklen, Informationen zur Temperatur und Spannung, zur Güte des RFID-Signals und zur Ausrichtung des Sensors zum Betätiger. Über die IO-Link-Safety-Kommunikation können diese Daten an die Steuerung übertragen und dort für vielfältigste Aufgaben, wie zum Beispiel für Predictive Maintenance, genutzt werden.
Ein Vorteil von IO-Link Safety ist die bidirektionale Kommunikation
Wie der AZM42 unterstützt auch der RSS362 die bidirektionale sichere Kommunikation – die Steuerung kann also auch Konfigurationsdaten beziehungsweise Parameter oder Befehle sicher an den Sensor senden. Damit lassen sich etwa neue Betätiger anlernen, ohne dass ein physischer Eingriff erforderlich ist. Dank der implementierten Data-Storage-Funktion können Gerätekonfigurationen bei beiden Geräten automatisch gespeichert und bei einem Austausch wiederhergestellt werden. Damit wird die Wartung deutlich vereinfacht. Die Offline-Konfiguration und -Parametrierung ermöglicht es zudem, Geräte bereits im Büro am PC vorzubereiten – ein echter Vorteil in der Instandhaltung und Serienfertigung.
Praxisnahe Anwendungen und Mehrwert für den Betreiber
Die Integration von IO-Link Safety in Sicherheitskomponenten eröffnet Betreibern und Maschinenbauern neue Möglichkeiten. Durch den Zugriff auf zusätzliche Daten lassen sich Wartungsintervalle dynamisch anpassen, Fehlerquellen schneller identifizieren und ungeplante Stillstände vermeiden. Darüber hinaus erleichtert IO-Link Safety die Standardisierung von Systemarchitekturen und die schnelle Inbetriebnahme. Durch den modularen Aufbau können Sicherheitslösungen künftig flexibler erweitert werden – ein entscheidender Vorteil angesichts immer komplexerer Produktionsumgebungen.
Safety Services
Die Spezialisten des tec.nicum bieten allen Maschinenherstellern und -betreibern eine kompetente, produkt- und herstellerneutrale Beratung zu allen aktuellen gesetzlichen Vorschriften. Das tec.nicum-Team konzipiert und realisiert Sicherheitslösungen über alle Lebenszyklusphasen der Maschinen und Anlagen.Mehr unter: www.tecnicum.com
IO-Link Safety als Industriestandard
Der Markt für IO-Link wächst rasant – inzwischen gehören dem IO-Link-Konsortium weltweit über 500 Unternehmen an, darunter viele führende Automatisierungsanbieter. „So wie IO-Link selbst in den letzten Jahren exponentiell an Bedeutung gewonnen hat, wird auch IO-Link Safety eine zentrale Rolle in der nächsten Generation von sicheren Maschinen und Anlagen spielen“, ist Heinzer überzeugt. Für Schmersal bedeutet das: kontinuierliche Weiterentwicklung, enge Zusammenarbeit im IO-Link-Konsortium und konsequente Ausrichtung auf datenbasierte Sicherheitstechnologien. Mit der AZM42 und dem RSS362 wird das Unternehmen zu einem der ersten Anbieter, die IO-Link-Safety-fähige Geräte in Serie bringen – und setzt damit ein starkes Signal im Markt.
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