Conrad Electronic ist nicht nur Anbieter von Technik und Elektronik. Conrad versteht sich als Lösungsanbieter, der auch bei der Umsetzung individueller Projekte und innovativer Technologien unterstützt. Der Automatisierungsbranche beispielsweise bringt der Technik-Experte die Agile Production Simulation (APS) näher, mit der sich komplexe Prozesse der Industrie 4.0 simulieren lassen. Neben Ausbildungszwecken ist diese „Mini-Fabrik“ auch für Unternehmen interessant, die Digitalisierung und Automatisierung veranschaulichen und am Modell für ihre Produktion erproben möchten. Wir sprechen dazu mit zwei Experten: Wolfgang Lex verstärkt seit 2013 das Team von Conrad Electronic. Er bringt viel Erfahrung als Applikationsingenieur und Produktmanager für Steuerung- und Antriebstechnik mit, verfügt über Expertise im Bereich Education und ist heute als Head of Technical Sales Project Business für Anwendungen im Bereich Mess- und Automatisierungstechnik verantwortlich. Michael Bronner ist Regional Sales Director Europe Education & Industry bei fischertechnik und in der Welt der Forschung, Bildung und Industrie zu Hause. Ihm ist es ein wichtiges Anliegen, Menschen zu befähigen, die digitale Transformation aktiv mitzugestalten.
Interview mit Wolfgang Lex
Wolfgang Lex, wie positioniert sich Conrad als Lösungsanbieter mit Blick auf die Automatisierungsbranche?
Die Automatisierungsbranche hat für uns einen sehr großen Stellenwert und die Automatisierung ist definitiv ein Bereich, für den wir auf und mit unserer Plattform viel zu bieten haben. Die Tatsache, dass wir regelmäßig auf Automatisierungsmessen wie der SPS oder der aaa (all about automation) unterwegs sind, zeigt, wie wichtig diese Zielindustrie für uns ist. Unser großes Automationssortiment wird immer weiter ausgebaut und ist herstellerübergreifend. Somit können wir auch interessante Produktkombinationen anbieten und diese aus einer Hand lieferbar machen. Auch zu großen Herstellern wie Siemens haben wir hervorragende Kontakte und können dementsprechend auch mit den Sortimenten namhafter Marken punkten. Außerdem bieten wir Ratgeber rund ums Thema Automatisierung und greifen in aktuellen Kampagnen und Themenwelten immer wieder aktuelle Trends auf und stellen Produktneuheiten vor.
Wolfgang Lex, Head of Technical Sales, Conrad Electronic
Sie haben sich intensiv mit der Agile Production Simulation, kurz APS beschäftigt. Was ist der Grund dafür und welches Ziel wird damit verfolgt?
Die Wirkung der Agile Production Simulation (APS) ist beeindruckend: Die Menschen sehen die APS bei uns am Messestand und sind vom Fleck weg begeistert. Ich selbst bin Diplomingenieur und komme aus der Automationsbranche. Und auch auf mich übt dieses Demonstrationsmodell eine echte Faszination aus. Vor allem wohl deshalb, weil es so nah dran ist an der Realität. Und bestimmt auch deshalb, weil es einfach unglaublich viel Spaß macht, die vielen Funktionen und Einstellungen auszutesten. Die APS ist sehr komplex und man kann echt was mit ihr machen. Dementsprechend erklärungsbedürftig ist das Produkt aber auch.
Welche Rolle spielt Conrad Electronic als Partner und Lösungsanbieter?
Genau hier kommen wir als Vertriebspartner ins Spiel. Unsere Aufgabe ist es, Hilfestellung zu geben und sowohl Interessenten kompetent ans Produkt heranzuführen als auch Käufer intensiv zu schulen. Wir bei Conrad haben immer mal wieder Produkte im Sortiment, bei denen es mit dem reinen Verkaufen nicht getan ist. Und weil wir bei Conrad nicht nur Distributor, sondern in erster Linie Lösungsanbieter sein wollen, ist es unsere Aufgabe, uns mit diesen Produkten so intensiv zu beschäftigen, dass wir unsere Geschäftskunden umfassend beraten können. Weil wir eben nicht einfach nur Technikhändler sind, sondern uns als Technologieanbieter verstehen.
Die APS ist kein Spielzeug, sondern es sind echte, auf dem Markt befindliche Produkte integrierbar
Natürlich steckt fischertechnik hinter dem Produkt und wir haben die APS nicht selbst entwickelt – dazu haben wir nicht die Kapazitäten. Aber wenn wir es mit gutem Gewissen verkaufen wollen, müssen wir unsere Kunden in die Lage versetzen, das Produkt reibungslos in ihre Arbeits- oder Bildungswelt zu integrieren. Und das funktioniert nur mit engmaschiger Betreuung.
Sie haben sich persönlich intensiv in die APS-Anlage von fischertechnik eingearbeitet. Was fasziniert Sie daran besonders?
Das stimmt, ich habe mich wirklich sehr intensiv eingearbeitet. Den Anfang machte eine Schulung bei fischertechnik vor Ort in Waldachtal im Schwarzwald, wo ich und vier weitere Kollegen die Möglichkeit hatten, vom Hersteller direkt alle wichtigen Insights zum Produkt aus erster Hand zu bekommen. Im nächsten Schritt war es aber entscheidend, alles nochmal in Ruhe durchzugehen, für sich selbst zu verstehen und auszuprobieren. Auch die Einarbeitung ins TIA-Portal (Totally Integrated Automation) von Siemens gehörte dazu. Da musste ich mich trotz Ingenieurstudium ganz schön reinknien, um ehrlich zu sein. Das wiederum zeigt aber auch: Die Tools, mit denen man bei dieser Simulation arbeitet, sind nicht nur komplex, sondern auch topmodern. Wie nah die APS damit dran ist an realen Gegebenheiten in Fertigungsumgebungen, fasziniert mich jedes Mal aufs Neue. Großartig ist auch unser enger Austausch mit dem Hersteller. Diese Partnerschaft geht so weit, dass wir Feedback von Kundenseite oder auch eigene Optimierungsideen an fischertechnik zurückspielen und im Zuge dessen herstellerseitig das Produkt immer wieder nachjustiert und optimiert werden kann. Diese Augenhöhe ist ein echter Luxus und eine große Wertschätzung für unsere Expertise und die Arbeit, die wir als langjähriger und speziell geschulter Vertriebspartner leisten.
Welche Vorteile bietet dieser Ansatz für Sie gegenüber herkömmlichen Demonstrationsmodellen?
Die APS ist einfach und doch komplex genug, um begreifbar zu sein und erfüllt damit die wohl wichtigste didaktische Anforderung: Sie überfordert Lehrende und Lernende nicht, verfügt aber trotzdem über hochprofessionelles Equipment. Alle relevanten, realen Fertigungsprozesse sind im Modell vereinfacht und abstrahiert dargestellt. Genau so muss es sein, das ist wirklich gut gelungen. Auch der Name fischertechnik schafft Akzeptanz, weil viele die Marke aus Kinder- und Jugendtagen kennen. Und der Sicherheitsaspekt ist ein weiterer Vorteil: Die APS ist völlig gefahrlos zu bedienen, denn weder mit Blick auf Elektronik noch Mechanik besteht Verletzungsgefahr.
Wie schätzen Sie die Rolle solcher Demoanlagen in der zukünftigen Entwicklung der Automatisierung?
Bei der APS sprechen wir von einem Modell im Bereich der mechanisch hochautomatisierten Fertigung. Es gibt aber natürlich andere Formen oder Randbereiche der Fertigung. Auf einer der letzten Messen beispielsweise waren wir mit einem Ausbildungsbetrieb im Bereich Wasserversorgung im Gespräch, der sich ein Simulationsmodell für seine IT-Fachinformatiker wünschen würde. Hier würde dann vermutlich ein Schwerpunkt auf Sensorik und Sicherheitstechnik liegen. Ich könnte mir auch Einsatzgebiete im Handwerk vorstellen: Auch hier werden technische Anforderungen immer komplexer und eine Variante des Simulationsmodells könnte beispielsweise für Energieanlagentechniker sehr spannend sein.
Man kann mit der APS auf allen Mitarbeiter- und Hierarchieebenen das Verständnis für moderne und hochkomplexe Produktionsprozesse fördern und voranbringen
An welche Zielgruppen wendet sich die Agile Production Simulation?
Bei der APS handelt es sich um ein Bildungsprodukt, das in erster Linie Ausbildungszwecken von Azubis und Studierenden dient, insbesondere im Bereich Mechatronik. Käufergruppen sind also größere Ausbildungsbetriebe, aber auch Berufsschulen, Ausbildungswerkstätten, technische Fachober- oder Fachhochschulen oder Universitäten. Im Grunde ist die APS aber für alle Unternehmen interessant. Denn auch immer mehr Digitalisierungsbeauftragte in Firmen entdecken die Vorzüge von Simulationsmodellen. Der Grund: Die Themen Digitalisierung, Automatisierung und KI sind in aller Munde. Mit der APS kann diese Innovation und der damit verbundene Fortschritt für jedermann greif- und begreifbar gemacht werden. Das gilt dann eben nicht nur für Erstsemester-Studierende, die ins Thema reinkommen und ihre Praktikumsaufgabe mithilfe der APS lösen sollen. Man kann mit der APS auf allen Mitarbeiter- und Hierarchieebenen das Verständnis für moderne und hochkomplexe Produktionsprozesse fördern und voranbringen. Und es ist in der Tat auch möglich, mit der APS Prozesse zu simulieren, die Aufschluss und Vorhersagen und Rückschlüsse zu realen Abläufen in der Fertigungspraxis ermöglichen – einfach deshalb, weil die eingesetzten Komponenten und Steuerungen so hochprofessionell sind und dem Industriestandard entsprechen.
Was sind die Lernziele der APS?
Die APS bildet alle Elemente einer modernen Produktion ab. Wie es sich für eine Simulation gehört, sind die dargestellten Prozesse dabei stark vereinfacht gegenüber einer realen Produktionsumgebung. Gleichzeitig ist die APS aber sehr praxisnah. Dies ermöglicht es, komplexe Methoden in der Fertigung zu verstehen und im wahrsten Sinne des Wortes zu begreifen: Machine Learning, Programmieren von Steuerungen, etc. – das Ganze immer mit dem Erfolgserlebnis, dass am Ende, wenn alles richtig gemacht wurde, die Anlage läuft und der Erfolg somit messbar wird.
Interview mit Michael Bronner
Michael Bronner, wie ist fischertechnik auf die Idee gekommen, eine komplexe, komplette Produktionsanlage zu bauen?
Die Fabrik von Morgen ist Gegenstand von Forschung, Bildung und Industrie. Wir möchten die Menschen befähigen, diese Transformation aktiv zu gestalten, um Fortschritt möglich zu machen. Konkret begreifen Studierende, Auszubildende und Mitarbeitende mit unserer Agile Production Simulation die komplexen Themen Automatisierung, IoT und Agile Fertigung – alles vor dem Hintergrund von Industrie 4.0. Dafür ist eine komplexe, komplette Fabrikanlage das ideale Lerntool: Nur so kann der hohe Grad an Vernetzung von Intralogistik und Produktionsmodulen nachhaltig greifbar gemacht werden.
Michael Bronner ist Regional Sales Director Europe Education & Industry bei fischertechnik
Welche technischen Herausforderungen mussten überwunden werden?
Unser Anspruch ist es, eine „echte“ Fabrikanlage zur Verfügung zu stellen. Damit gemeint ist, dass unsere Agile Production Simulation so industrienah wie nur irgendwie möglich gestaltet ist, um ein authentisches Lern- und Simulationserlebnis zu schaffen. Wir steuern mit Siemens S7-1200 und strukturiertem Text die einzelnen Produktionsmodule. Die Kommunikation in der gesamten Anlage wird mit dem Industrie-Standardprotokoll OPC-UA gelöst, während das Fahrerlose Transportsystem nach dem VDA 5050 Standard in MQTT Protokoll kommuniziert. Das ist „echte“ Industrie zum Anfassen, Ausprobieren, Spielen und Begreifen. Entwicklungsseitig hat uns dieser Anspruch vor Herausforderungen gestellt – wir sind stolz, diese erfolgreich gemeistert zu haben.
Planen Sie in Zukunft weitere Modelle im Bereich Automatisierung bzw. eine Weiterentwicklung?
Wir nehmen eine steigende Nachfrage nach Trainings- und Simulationsmodellen für den betrieblichen und überbetrieblichen Aus- und Weiterbildungsbedarf wahr. Insofern lautet die klare Antwort auf diese Frage: Ja, auf jeden Fall!
Lassen sich Erkenntnisse aus dem Einsatz einer solchen Miniaturanlage auf echte Produktionsumgebungen übertragen?
Das ist der grundlegende Zweck einer Simulation. Wenn ich im Großen einen Produktionsablauf ändern will, macht es Sinn, dies zunächst im Kleinen darzustellen. Simulieren heißt: Ich probiere etwas aus, sehe, dass es funktioniert und übertrage es dann auf die Realsituation und verbaue meine Lösung im echten Fertigungs-Setting. So vermeidet man das Risiko der Zerstörung einer Maschine oder eines Bauteils, die hochempfindlich sind. Es geht darum, Prozesse zu verbessern. Stichwort Abfallvermeidung oder Energieeinsparung. Hier gibt es eine hohe Motivation, Produktionen anzupassen oder zu verändern, damit sie effizienter arbeiten. Mithilfe unterschiedlicher Steuerungen oder neuer Sensoren kann man das anhand der APS simulieren. Genau das erwarten viele nicht: Die APS ist kein Spielzeug, sondern es sind echte, auf dem Markt befindliche Produkte integrierbar.
Bildungspotenzial nutzen
Nutzen auch Sie den didaktischen Wert dieser fischertechnik-Anlagen inklusive Begleitmaterial, Planspiel, Videos und E-Learning Plattform. Das Simulationsmodell der Anlage punktet als Fertigbaukasten, der fertig verdrahtet und programmiert ausgeliefert wird. Wie sich mit der Agile Production Simulation (APS) die Herausforderungen in der Produktion und Logistik simulieren lassen, sehen Sie hier:bit.ly/fischertechnik_APS
Bilder: Porträt Bronner fischertechnik, sonstige Conrad Electronic
Text: Conrad Electronic